Die Entscheidung des Finanzausschusses ist für das Kunsthaus Göttingen gGmbH und dem Team von 25 Personen (auf 5,75 Vollzeitäquivalenten inkl. aller Kassen- und Aufsichtskräfte) schockierend.
In den letzten 3,5 Jahren hat die gGmbH – wie es die Erwartung und der Auftrag an das als neuer regionaler Kunstanker errichtete Haus ist – Ausstellungen auf höchstem Niveau präsentiert und es zugleich zum Ort für Austausch, Vermittlung und Lernen etabliert. Es wurde ein fantastisches Netzwerk aufgebaut, Besucher*innen und Künstler*innen aus aller Welt nach Göttingen geholt – darunter z.B. Roni Horn, William Kentridge und Jim Dine, deren Werke in den Sammlungen der weltweiten Spitzenklasse – u.a. im MoMa, Guggenheim, Tate und Centre Pompidou in New York, Paris, und London vertreten sind. Und das Kunsthaus war in dieser äußerst kurzen Zeit bereits bei den renommiertesten Kunstschauen der Welt dabei: der documenta und der Biennale in Venedig.
Ein so erfolgreich agierendes Haus zu schließen, wäre für Göttingen ein großer Verlust und wäre zu einem Zeitpunkt, wo die gGmbH in einen Normalbetrieb mit Eintrittseinnahmen und effektivem Ausstellungsturnus überführt werden soll, eine vertane Chance. Die Kunsthaus gGmbH hat gemeinsam mit der Stadt als Muttergesellschaft in den letzten Monaten viele Maßnahmen abgestimmt und auf den Weg gebracht, die das strukturelle Defizit des Hauses beheben sollen. Der für 2025/26 vor zwei Wochen vorgelegte Wirtschaftsplan der Kunsthaus gGmbH hat die daraus resultierenden positiven Effekte deutlich aufgezeigt. Der Vertragsentwurf für das weitere Sponsoring der Sartorius AG liegt vor. In so einem Moment die Schließung herbeizuführen, ist kulturpolitisch nicht sinnvoll.
Eine elementar wichtige Frage wurde im Finanzausschuss noch nicht beantwortet und sollte vor einer endgültigen Entscheidung im Stadtrat dringend noch einmal gründlich geprüft werden – auch um Schaden von der Stadt fernzuhalten:
Das Haus wurde als Teil des Kunstquartiers mit millionenhohen Fördermitteln des Bundes errichtet – mit der Bedingung, darin Kunstausstellungen mit internationaler Strahlkraft zu präsentieren. Sollte das Haus nicht in diesem Sinne genutzt werden, könnten hohe Rückzahlungen die Folge sein. Die Schließung des Kunsthauses würde dann ggf. kein Geld sparen, sondern die Stadt Göttingen als Konsequenz aus den rückzuzahlenden Fördermitteln möglicherweise mehr kosten als die für den Weiterbetrieb des Kunsthauses erforderlichen Zuschüsse. Darüber hinaus wäre selbst bei ausbleibenden Rückforderungen die Frage, welche andere Einrichtung die Gebäudekosten für die überaus komplexe Haustechnik, die für die hohen Ansprüche internationaler Kunst-Leihgeber mit spezieller Klima- und Lichttechnik ausgerüstet ist – tragen kann und für wen diese Technik und die Ausgaben dafür überhaupt sinnvoll wären.
Alte politische Vorbehalte sind nicht zielführend – es sollte kulturpolitisch professionell noch einmal von allen Beteiligten gemeinsam und konstruktiv über die Lösungen für das Kunsthaus und die möglichen Konsequenzen nachgedacht werden, bevor der Stadtrat die finale Entscheidung fällt. Seit der Entscheidung des Finanzausschusses haben sich viele Akteure aus dem Förderkreis, anderen Göttinger Einrichtungen, Privatpersonen, politische Vertreter*innen und mit dem Kunsthaus verbundene Künstler*innen gemeldet, die Solidarität bekunden und sich mit Ideen wie eigener Geldakquise für den Erhalt des Hauses engagieren wollen. Diese Wertschätzung und Unterstützung ist sehr positiv und bestärkt uns darin, die Debatte gemeinsam weiterzuführen!
06.11.2024, Dr. Dorle Meyer
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