House of Words

Jim Dine und der Pavillon im Innenhof

Mitten im Kunstquartier und in direkter Nähe zum Kunsthaus befindet sich ein Atelier des US-amerikanischen Künstlers Jim Dine. Er lebt und arbeitet heute vorwiegend in New York. Zusätzlich hat er aber seit Jahren auch Ateliers in Paris und Göttingen, in denen er mehrmals im Jahr Inspirationen sammelt und arbeitet. Dine ist der Stadt, nicht zuletzt wegen der jahrelangen engen Zusammenarbeit mit dem Steidl-Verlag, sehr verbunden und schenkte ihr daher seine Rauminstallation »Poet Singing (The Flowering Sheets)«. Für dieses Kunstwerk wurde eigens ein Pavillon – das House of Words – errichtet, der sich in dem großzügig begrünten, zum Verweilen einladenden Innenhof des Kunsthauses befindet.

Der Künstler Jim Dine

Jim Dine (*1935 in Cincinnati, Ohio) absolvierte 1957 einen Bachelor of Fine Arts an der Ohio University und hat sich seither zu einem der markantesten Vertreter der zeitgenössischen amerikanischen Kunst entwickelt. Dines beispiellose Karriere umfasst sechzig Jahre. Seine Arbeiten werden in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen gezeigt. Seit er in den späten 1950er Jahren unter anderem mit Claes Oldenburg Alltagsgegenstände aus ihrem Kontext riss und sie in ein eigenes Licht stellte, wird Jim Dine der Pop Art-Szene zugeordnet, auch wenn er sich selbst nicht als deren Vertreter sieht. Neben Malerei, Grafik und Skulptur beschäftigt er sich mit Lyrik und seit den 1990er Jahren auch mit Fotografie. Er arbeitet in künstlerischen Phasen, die stets von einem wiederkehrenden Sujet geprägt sind: Die beiden bekanntesten sind das Herzmotiv und der Männerbademantel, durch den er sich selbst abstrahiert porträtierte und unterschiedliche Facetten seiner Persönlichkeit untersuchte. Die Arbeiten mit dem Sujet »Herz« beschäftigen sich mit grundsätzlichen Fragen des Menschseins und sind gleichsam Selbstreflexion des Künstlers. Daneben spielt Literatur und Lyrik im künstlerischen Schaffen von Jim Dine von Beginn an eine wichtige Rolle, so kommt es oft zu einer Kombination von Schrift und Bild – so z.B. auch in der Installation im Innenhof des Kunsthauses.


Das „House of Words“ ist im Rahmen von Special-Führungen (s. Programm) mit entsprechender Anmeldung zu besichtigen.

Die Rauminstallation »Poet Singing
(The Flowering Sheets)«

Die Installation besteht aus fünf überlebensgroßen Holzskulpturen – antiken griechischen Sirenen nachempfunden –, die eine riesige schulterlose Gips-Büste rahmen: das Selbstporträt des Künstlers. Die Skulpturengruppe steht im Pavillon, der nur einen einzelnen Raum beherbergt und dessen Wände vom Künstler mit handgeschriebenen Worten mit Zeichenkohle und weißer Kreide versehen wurden. Die Installation wurde inspiriert von der Skulpturengruppe »Orpheus mit zwei Sirenen«– zwei griechischen Terrakotta-Figuren mit und ohne Leier (um 300–100 v. Chr.) und einer Orpheus-Figur in der Getty-Sammlung in Malibu, Los Angeles, in der Dines Installation erstmals zu sehen war. Die fünf Holzskulpturen sind aus amerikanischer Eiche geschnitzt und 2,5 m groß, die Gips-Büste misst ca. 2 m. Dine änderte die Positionen bestimmter Körperteile, wie z.B. den Winkel eines Kopfes, so dass die beiden Originale fünf verschiedene Modifikationen ergaben. Der Künstler bemalte die Holzskulpturen und strich die Farbe anschließend wieder ab. Ähnlich verfährt er mit den Worten auf den Wänden. Die mit Zeichenkohle und Kreide geschriebenen Worte werden ebenfalls durch kreisende Bewegungen der Hände verwischt und dann durch Überschreibung neu geschärft. Es handelt sich dabei um ein Gedicht des Künstlers, das seine inneren, privaten Vorgänge, die romantische Sehnsucht und eine Reise durch Zeit und Ort fragmenthaft zu fassen versucht.