21. Januar – 16. April 2023
Zwischen Mainstream und Avantgarde
Anhand ihrer Plakate lässt sich die Geschichte des Films im Nachkriegsdeutschland wohl am besten erzählen. Auf drei Etagen widmet sich daher die neue Ausstellung im Kunsthaus Göttingen mit Plakaten und Filmausschnitten der 1950er bis 70er Jahre drei entscheidenden Filminstitutionen, bzw. Werbegestaltern, deren Plakate eng mit dem Aufbruch und der Entwicklung der Filmindustrie zusammenhängen und diese widerspiegeln.
Dabei beginnt ihre Entwicklung mit Verboten. Nach der bedingungslosen Kapitulation wurde zunächst jegliche Produktion von Filmen untersagt und eine Liste mit Filmen veröffentlicht, deren Vorführung nicht mehr gestattet war. Alle anderen filmischen Aktivitäten mussten durch die Nachrichtenkontrollbehörden der jeweiligen Militärregierungen genehmigt werden. Die westlichen Alliierten ebneten zunächst den Weg für ihre eigene Filmindustrie. Erst nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 nahmen – zunächst noch sehr zögerlich – die Entwicklungen einer neuen deutschen Filmindustrie sowie eines eigenen deutschen Filmverleihs und Kinomarkts ihren Anfang.
Die neue Ära begann Anfang der 1950erJahre, u.a. mit der Gründung der Neuen Filmkunst Walter Kirchner und der Arca-Filmgesellschaft (1952 in Göttingen). Beide Firmen importierten zunächst Filme aus dem Ausland. Die Neue Filmkunst machte es sich zur Aufgabe, Filme nach Deutschland zu holen, die bisher hier noch nicht zu sehen waren. Die Qualität der Filme stand bei der Auswahl im Vordergrund. Später wurden auch klassische deutsche Filme, etwa aus den 1920er Jahren, wieder in das Programm aufgenommen.
Ein ähnliches Konzept verfolgte auch der 1959 in Duisburg gegründete Atlas-Filmverleih. Arca dagegen importierte vor allem Streifen, die in ihren Ursprungsländern bereits Kassenschlager waren, und produzierte ab 1954 auch eigene Filme. Ihre Produktionen stehen heute Synonym für die Unterhaltungsfilme der Wirtschaftswunderjahre. Für die Werbung vieler Arca-Filme wurde der in Kassel ausgebildete Karl-Heinz Fehrecke verpflichtet, der bereits seit 1949 (für den Panorama Filmverleih und NF-Film) Filmplakate entworfen hatte. Die Produktionen sind auf großen Zuschauererfolg ausgerichtet. Die Plakate müssen zu den Filmen daher genau passen, um das Publikum richtig einzustimmen, denn das Fernsehen steckte noch in den Kinderschuhen und so war das Plakat zu diesem Zeitpunkt das wichtigste Werbemedium für den Kino-Film.
„Der 1953 in Göttingen gegründete Verleih ‘Neue Filmkunst Walter Kirchner‘ war für das bundesdeutsche Kino in der Nachkriegszeit, was Rowohlts Rotations-Romane für das literarische Leben nach dem Zweiten Weltkrieg waren. So wie ’rororo‘ die Weltliteratur nach Deutschland zurückbrachte, machte die Neue Filmkunst die Westdeutschen mit dem Weltkino bekannt.“
Die Ausstellung wird kuratiert von Gastkurator René Grohnert (Deutsches Plakat Museum im Museum Folkwang).
Plakate (von oben nach unten):
Hans Hillmann (1925-2014), Die sieben Samurai (七人の侍), Japan, 1954 (Im Verleih 1962), Paul Robert Wilk, Frankfurt a. M., Offsetdruck, 84,8 x 59,3 cm, DPM 23574, ©Marlies Rosa Hillmann, Frankfurt a. M.
Karl-Heinz Fehrecke (1913 – 1994), Die Mädels vom Immenhof (Motiv 2), Deutschland (BRD), 1955, Tiefdruck, 83,8 x 59,1 cm, KHF 28, ©Beate Fehrecke, Hannover
Plakat links:
Rambow-Lienemeyer-van de Sand (Gestaltung und Illustration: Gunter Rambow; 1938 | Typografie: Gunter Rambow und Gerhard Lienemeyer; 1936) Charlie Chaplin / Goldrausch (2. Auflage), Deutschland (BRD), 1962, Domberger, Filderstadt, Siebdruck, 119,8 x 84,2 cm, DPM 17902, © Gunther Rambow, Güstrow
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